Auch heute am Freitag war der Snookertag wieder in eine Morgen-, eine Nachmittags- und eine Abendsession aufgeteilt.
Wie schon am Vortag steigerte sich die Besucherzahl von Session zu Session und so sah man am Morgen noch mehrere leere Plätze im Berliner Tempodrom. Aber wie bemerkte Rolf Kalb noch so richtig? "10 Uhr am Morgen ist nicht die natürliche Zeit des Snookerspielers, oder des Kommentators".

 

 

Nun, Rolf, es ist auch nicht die natürliche Zeit der Snookerfans. Apropos Rolf Kalb: Nachdem er mehrmals gefragt wurde, von wo aus er denn kommentiert, lüftete er das Geheimnis: Hinter der Bühne ist der Trainingsbereich der Spieler und da steht ein schwarzes Häuschen. Da sitzt er und kommentiert. Wir haben uns für unsere Leser mal umgesehen und den beschriebenen Ort gefunden:


Die erste kleine Hiobsbotschaft teilte Rolf Kalb den Zuschauern auch gleich mit: Michaela Tabb ist erkrankt und kann am German Masters nicht teilnehmen. Aber sie ist nicht die einzige in der Snookerwelt, die die  momentane Grippewelle erwischt hat: Ding Junhui nieste während seines Matches gegen Peter Ebdon in der Nachmittagssession und rieb sich mehrmals die Nase. Er wirkte blaß und müde. Auch Ricky Walden sah bei seinem Match in der Abendsession gegen Stephen Maguire sehr blaß aus und war sehr verschwitzt. Das beide Spieler dennoch antraten unterstreicht ihre Professionalität.

Was den ganzen Tag über auffiel war, dass Doubles (also Bälle, die über Bande gelocht werden) immer mehr benutzt werden. Es scheint so, als würde sich dieser doch mit höherem Risiko verbundene Ball langsam aber sicher etablieren - genauso wie in früheren Zeiten des Snooker die langen Einsteiger. Mark King, Robert Milkins, Ding Junhui und Anthony McGill zeigten erfolgreiche über Bande gelochte Bälle. Aber das wohl spektakulärste Double des Tages spielte Joe Swail in seinem Match gegen Shaun Murphy in der Nachmittagssession: Er lochte die Pinke als Matchball per Double in die gegenüberliegende Mitteltasche! Joe Swail wurde für diesen mutigen Ball mit frenetischem Applaus und dem Matchsieg belohnt und verließ glücklich die Menge grüßend die Arena.

Überhaupt nicht glücklich waren Mark King und Peter Ebdon - und zwar mit dem Tisch. Mark King schüttelte während seines Matches gegen Marco Fu in der Morningsession mehr als einmal den Kopf, wenn Bälle nicht so reagierten, wie er es geplant hatte und er ließ die Weiße in einer Framepause den Tisch hochlaufen, um zu sehen, ob sie gerade lief. Auch Peter Ebdon, der am gleichen Tisch spielte (aber auch schon am Vortag auf einem anderen Tisch ähnliche Probleme hatte) sah man seinen Unmut über den Tisch mehrmals an. Er ließ die Weiße 8 Mal reinigen während seines Matches gegen Ding Junhui in der Nachmittagssession und auch Junhui ließ die Weiße 4 Mal reinigen. Was genau das Problem ist, wurde nicht bekannt, aber andere Spieler, die auf Tisch 3 spielten, haben sich bisher nicht beklagt.   

Zu den Spielverläufen im Einzelnen:

Morgensession:

Marco Fu vs Mark King
Von Beginn des Matches an wirkte Marco Fu konzentrierter und ruhiger Als Mark King. Deswegen war er es auch, der im ersten Frame bässer in die Bälle kam und in Führung ging. Im zweiten Frame schlug King aber zurücke, legte ein Break von 58 Punkten vor, schob später noch 5 Punkte hinterher und machte so den Ausgleich. Dann aber war Marco Fu voll da, sicherte sich Frame drei mit 91 Punkten. Und auch den letzten Frame vor dem MSI holte sich Marco Fu. Er war bis 64 Punkte auf Maximumbreakkurs, verschoss dann aber. Mark King konnte in ein Break einsteigen, kam aber nur bis zu 18 Punkten und als Fu anschließend nocheinmal 9 Punkte machte, gab King den Frame auf. Marco Fu ging mit einer 3:1 Führung ins MSI. Der Frame nach dem MSI begann für King erst einmal erfreulich, denn dieses Mal war er es, der als erstes in die Bälle kam. Aber bei 24 Punkten verstellte er sich, seufzte tief, hielt sich die Hand vor die Augen und musste aussteigen. Der Rest dieses Frames war eine Aneinanderreihung von Minibreaks und es war einmal mehr Fu, der triumpfierte. Mark King war entnerft, denn nichts wollte ihm so Recht gelingen. Das zeigte sich auch im letzten Frame der Begegnung, den sich auch Marco Fu sicherte. Der Mann aus Hongkong siegte mit 5:1.

Stephen Maguire vs Daniel Wells
Die Begegnung zwischen Maguire und Wells war bis zum MSI eine Kampfbegegnung. Bis zum Spielstand von 3:2 für Maguire konnte Daniel Wells gut mithalten, spielte in Frame zwei ein Break von 94 Punkten. Aber dann legte Maguire den Schalter auf "on fire" und sicherte sich die Frames 6 und 7 mit Breaks von je 77 Punkten. Daniel Wells kämpfte im 7. Frame noch, spielte 14 Punkte und versuchte, Stephen zu Snookern. Der begann auch prompt ein Foul, aber Daniel hätte noch 3 benötigt, um den Frame wieder gewinnen zu können. Als dem Jungprofi dann die Weiße fiel, gab er schließlich auf und Maguire gewann das Match mit 5:2

Anthony McGill vs Mark Williams
Mark Williams zeigte heute schon in seinem ersten Match, dass er nichts vom momentanen Formhoch verloren hat. Er ging ziemlich schnell mit 2:0 in Führung. Allerdings nicht mit hohen Breaks (die hob er sich für abends auf), sondern eher mit häufigen Besuchen am Tisch, die ihm durch Fehler von McGill ermöglicht wurden. Das Geburtstagskind des heutigenb Tages konnte sich leider kein besonderes Geschenk machen. Der 20 jährige Schotte steckte zwar nicht auf und holte sich den dritten Frame der Begegnung, aber dann reichte ihm ein 50 Punkte Break im 4. Frame nicht und Mark Williams ging mit einer 3:1 Führung ins MSI. Nach der Pause sicherte sich Williams mit einer 78 den Frame und auch den letzten Frame der Begegnung ließ er sich nicht entgehen. McGill zeigte in diesem Match, dass er ein guter Spieler ist, aber auch, dass er noch etwas braucht, um mit einem ehemaligen Weltmeister wie Mark Williams mithalten zu können. Williams gewann das Match 5:1 

Jonh Higgins vs. Robert Milkins
John Higgins hatte zwar im ertsen Frame noch etwas Mühe mit Robert Milkins, brauchte drei Aufnahmen, ehe er den Frame gewinnen konnte, aber Milkins gab ihm diese Chancen auch. Den zweiten und den dritten Frame sicherte sich John Higgins auf wahrlich beeindruckende Weise mit Breaks von 93 und 143 Punkten. Die total Clearence von 143 Punkten ist seit dem das neue höchste Break des German Masters. Frame vier erkämpfte sich dann Robert Milkins mit mehreren kleinen Breaks und nach dem MSI ging es genau in diesem Stil weiter: Milkins holte sich die Frames mit mehreren kleinen Breaks und Higgins verlor mehr und mehr an Sicherheit, bis es 3:3 stand. Doch dann biss sich John zurück ins Match, sicherte sich Frame 7 der Begegnung mit Breaks von 46 und 32 Punkten. Im nächsten Frame machte Higgins dann seiner Frustration über sein teilweise unsicheres Spiel Luft und pfefferte die kurze Verlängerung seines Queues nach einem misslungenen Lochversuch unter den Tisch. Dennoch war er es, der sich den Frame sicherte und das Match mit 5:3 gewinnen konnte.
Als Rolf Kalb am Abend den Zuschauern mitteilte, dass der Vater von John Higgins an Krebs verstorben war und John es nicht mehr rechtzeitig nach hause geschafft hatte, waren Fans, Kollegen und Offizielle gleichermaßen betroffen. Alle am German Masters beteiligten Fans, Spieler und Offizielle wünschen John Higgins und seiner Familie in dieser schwierigen Zeit viel Kraft und sprechen ihm und seiner Familie das Beileid aus.

Nachmittagssession:

Stephen Hendry vs Mark Selby
Mark Selby war von Anfang an der stärkere Spieler in dieser Partie. Er nutzte jeden Fehler von Hendry und bestrafte diese mit Breaks und meist auch mit Frameverlust. Im ersten Frame machte er ein 76 Break, in das er durch einen Fehler von Hendry kam. Den zweiten Frame holte er sich mit einem Centuriebreak von 105 Punkten. Dann konnte Hendry ein Break von 71 Punkten machen und zum 2:1 verkürzen, aber der nächste Frame ging dank eines 83 Punkte Breaks wieder an Selby. Doch nach dem MSI schaffte es Hendry, sich auf das Match zu fokussieren und schaffte mit Breaks von 72 und 60 Punkten den Ausgleich zum 3:3. Doch dann schlichen sich wieder die Fehler ein und Selby gewann die Frames 7 und 8, sicherte sich das Match mit 5:3

Peter Ebdon vs Ding Junhui
Ding Junhui brauchte lange, bis er ins Match fand. Die ersten 4 Frames vor dem MSI waren zähflüssig und bestanden aus kleineren Breaks. Ebdon hatte Probleme mit dem Tisch und machte als Resultat hiervon mehrere Lochfehler, die Junhui aber nur teilweise nutzen konnte. Erst ein Centuriebreak von 100 Punkten in Frame nummer 6 der Begegnung löste den Knoten und sorgten bei Ding Junhui dafür, dass er flüssiger spielte und sich auch den letzten Frame der Partie sichern konnte. Er siegte 5:2

Joe Swail gegen Shaun Murphy
Bei diesem Match trafen zwei Dinge zusammen, die der Gewinner einer solchen Partie liebt und der Verliere hasst: Man selber spielt sehr gut, der Gegner schlecht - oder andersrum: Man selber spielt schlecht und der Gegner sehr gut. In diesem Falle spielte Shaun Murphy schlecht, reichte bei weitem nicht an seine Leistung des Vortages heran und Joe Swail sehr gut - er hielt seine verlässliche Form der ersten beiden Matches.
Den ersten Frame gewann nach viel hin und her Shaun Murphy - aber das war auch der einzige Frame, den er gewinnen konnte. Frame 2 ging nach einem Break von 70 Punkten an Swail, Frame 3 nach hartem Kampf und kleineren Breaks auch. Den nächsten Frame holte er mit Breaks von 37 und 52 Punkten, im nächsten Frame dann ein ähnliches Bild, wieder legt Swail vor, schiebt ein kleines Break nach. Wenn er mal verschoss, konnte Shaun die Chance nicht nutzen. Und dann kam der umkämpfte letzte Frame, der erst auf die Pinke entschieden wurde, die Joe Swail gefahrverachtend per double lochte. 5: 1 für Swail

Graeme Dott vs Anthony Hamilton

Die ersten beiden Frames dieser Begegnung waren umkämpft, doch am Ende war es Dott, der die Nase vorne hatte und mit 2:0 in Führung ging. Den 3. Frame sicherte er sich mit einem 75 Punkte Break, aber den letzten Frame vor dem MSI holte sich Anthony Hamilton. Doch nach dem MSI machte ein sehr aufs Ziel gerichtet wirkender Graeme Dott noch einmal ein Break von 75 Punkten und führte 4:1. Was dann in Frame 6 kam, überraschte viele: Dott legte 57 Punkte vor und zunächst kämpfte Hamilton noch darum, den Punkterückstand aufzuholen, aber dann gab ersehr plötzlich auf, obwohl er nur einen Snooker gebraucht hätte und damit gewann der amtierende Vize - Weltmeister sein Match mit 5:1

Abendsession:

Marco Fu walkover John Higgins

Stephen Maguire vs Ricky Walden
Dieses Match war eigentlich eine Galavorstellung von Stephen Maguire, denn Ricky Walden wollte nichts gelingen - keine Breaks, keine Safeties, kein Spielfluss. Der Whitewash lag von vornherein in der Luft. Wenn Ricky Walden mal eine Chance bekam, dann verschoss er nach wenigen Punkten oder ihm misslang eine Safetie, so dass Maguire sofort wieder an den Tisch kam. Es gab nur zwei höhere Breaks: Eine 83 von Maguire vor dem MSI zum 4:0 und eine 63 von ihm, die ihm den nächsten Frame z
und auch den Matchgewinn. Wie schon geschrieben wirkte Ricky Walden gesundheitlich angeschlagen, was erklären könnte, warum er zu keiner Zeit ins Match fand.

Mark Williams vs Dominic Dale
Eine der vergnüglichsten Partien des German Masters lieferten heute Abend Dominic Dale und Mark Williams mit Hilfe von Eirien Williams ab. Wobei man für die Lacher und das Vergnügen eigentlich Dominic Dale danken sollte. Nach einem unspektakulären ersten Frame, den sich Williams mit Breaks von 38 und 31 Punkten sicherte, und zwei ansehnlicheren Frames, die sich Williams mit einem Break von  72 Punkten und Dale mit einem Break von 90 Punkten holten, spielten sich die beiden im vierten Frame hinter einer Roten fest, die an der Bande lag. Minutenlang tippten die Spieler die Weiße mit der Queuespitze gaaaaanz vorsichtig an, um die Rote ja nicht von der Weißen lösen zu müssen. Aus dem Zuschauerraum drangen Anfeuerungsrufe und Dominic Dale drehte sich um und sagte "Langweilig, näh?". Er ist einer der wenigen Maintourspieler, die Deutsch sprechen und nutze dies zur Freude des Publikums in dieser Situation. Aber alles Lachen half nichts, auch dieser Frame ging an Williams, so dass Dale vor dem MSI mit 1:3 zurücklag.
Den ersten Frame nach dem MSI sicherte sich erneut Williams mit einem Centuriebreak von 104 Punkten. Im nächsten Frame war es Eirien Williams, der im Publikum Lachtränen auslöste: Als Dominic Dale eine Weiße mit viel Druck spielen wollte, rutschte er nach unten ab, woraufhin die Weiße unkontrolliert über den Tisch hopste und die Queuespitze von Dale über das Tuch schrabte. Eirien ging zu Dale, rieb die Kreide mit dem Finger aus dem Tuch, und tat dann so, als würde er Dale zur Strafe auf den Kopf hauen wollen. Der zuckte artig zusammen. Anschließend griff sich der Schiedsrichter die Weiße, putze sie ausgibig und sah dabei gespielt grimmig in Dales Richtung. Die gelockerte Atmosphäre schien Dale zu beflügeln, er machte ein unfallfreihes 98 Punkte Break zum 4:2. Was dann aber kam, war Snookerhochgenuss: Mark Williams geriet in den Tunnel, machte ein schnelles, flüssiges und wundervoll anzusehendes 85 Punkte Break und sicherte sich so den 5:2 Sieg gegen Dominic Dale.

Ali Carter vs Joe Perry
Wenn man Ali Carter ein bisschen in Matches beobachtet, dann weiß man, dass es seinem Spiel nicht gut tut, wenn er frustriert ist. Und genau das war es hier auch, was ihn das Match kostete: Er ärgerte sich so sehr über seine Fehler, die Joe Perry immer in das entscheidende Break kommen ließen, dass es ihn nur noch unsicherer machte. Zusätzlich dazu hat Joe Perry auch stark gespielt, sicherte sich Frame 5 der Partie mit einem 84 Punkte Break und war auch immer zur Stelle, wenn Carter ihm durch einen Fehler die Tür zu einem Break öffnete. So verwundert es auch nicht, dass sich Carter lediglich einen Frame in diesem Match sichern konnte und als er zum MSI ging, die Türe lautstark hinter sich zufallen ließ. Joe Perry gewann das Match mit 5:1 und Ali Carter muss lernen, mit seinen Emotionen besser umzugehen.

Es war ein langer, herrlicher Snookertag und die Fans gingen zufrieden und Snooker - satt aus der Halle. Und was tun die Spieler nach Feierabend? Ganz einfach. Sie nutzen die Trainingstische hinter der Arena, um uns alle morgen mit ihren Fähigkeiten am Snookertisch noch mehr ins Staunen zu bringen:






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